Der Operndolmuș mit „Kesin Dönüş“ Oper für alle – und zwar in der ersten Reihe!

Am 23.1.2023 war der Operndolmuș der Komischen Oper wieder zu Gast in der Gropiusstadt (Ein Dolmuș ist in der Türkei ein Kleinbus, der meistens proppevoll ist). Der Dolmuș war voll mit Sänger/innen und Musiker/innen der Komischen Oper Berlin und parkte vor dem Gemeindesaal der evangelischen Marti-Luther-King-Gemeinde. Und es waren viele gekommen, der nicht mal so kleine Saal platzte aus allen Nähten. Denn mittlerweile hat sich herumgesprochen, was für ein tolles Programm die Komische Oper den Menschen mit dem Dolmuș bietet. Diesmal hieß es „Kesin Dönüş – eine Sehnsucht“. Es beschreibt „die ‚definitive Rückkehr‘ in das Heimatland der Eltern und Großeltern“ - ein „universelles Gefühl der Rastlosigkeit, des Nicht-Willkommen-Seins, des Provisorischen, aber auch des Willkommen-Seins und Bleibens und der Hoffnung auf ein neues Morgen“.

Mit einem schmissigen »Cancan« aus der „Orphee aux enfers“ von Jaques Offenbach wurde das Publikum eingestimmt. Die beiden Sänger/innen Susan Zarrabi und Tijl Faveyts zeigten vollen Gesangs- du Körpereinsatz bei Stücken aus bekannten Opern und Operetten von Beethoven, Bernstein und Offenbach, aber auch mit Neuinterpretationen von bekannten türkischen Volksliedern und Rockmusik von Musikern wie Ăşik Veysel Şatiroğlu und Cem Karaca. Drei Musiker (Deniz Tahberer Violine, Arnulf Ballhorn Kontrabass und Juri Tarasenok Bajan) unterstreichen den Gesang aufs Lebendigste!  

Das Gefühl der Heimatlosigkeit, der Schwierigkeiten in einem fremden Land werden den Zuschauern durch die Arien und Duette nahegebracht. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes – denn wo kann man Oper so aus nächster Nähe sehen und hören? Die Sänger/innen stehen direkt vor einem und singen ohne Mikrofon. Man spürt die unglaubliche Kraft ihrer Stimmen – ein ganz besonderes Erlebnis! Die erste Programmhälfte mündet in dem Song von Kurt Weill „Denn wie man sich bettet so liegt man“ aus der Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. Dann wird gezeigt, dass eine Hochzeit das Ankommen erleichtern kann – oder nicht? „Bringt mich pünktlich zum Altar“ aus „My Fair Lady“ von Frederik Loewe macht jedenfalls richtig gute Laune.  Das Schlussstück „I am easily assimilated“ aus der Comic Operetta „Candide“ lässt jedenfalls ein Happy End vermuten. Jedenfalls sind die Zuhörer/innen begeistert. Donnernder Applaus im Gemeindesaal und „Zugabe-Rufe“ – diese Art von Oper macht glücklich!!

Danach wird das Ensemble vorgestellt, die Musiker und Sängerinnen kommen alle aus unterschiedlichen Ländern: Deutschland, Türkei, Holland, Russland etc. – Die Besetzung des Operndolmuș ist zugleich Programm: Musiktheater verbindet Menschen und Kulturen und Oper ist für alle da! Nach der Musik gibt es noch ein Gespräch. Mustafa Akça, der Initiator des Operndolmuș steht den Fragen der Zuschauer/innen Rede und Antwort, ebenso die Musiker/innen. Und es zeigt sich, dass die Zuschauerinnen sich wahrgenommen gefühlt haben – sie haben sich selbst wiedererkannt in den Liedern und der Aufführung. Mehrere Frauen erzählen, wie sie sich gefühlt haben: Auf der Flucht aus Krieg und Elend, allein in Deutschland und immer wieder voller Heimweh.

Gefühle verbinden die Menschen, egal, woher sie kommen. Oper und Musiktheater wirken kulturübergreifend! Kein Orchestergraben trennt bei „Kesin Dönüş“ die Künstler und die Zuschauer/innen. So ist der Operndolmuş ein wirklich berührendes Erlebnis und zeigt, wie Oper sein kann: Nahbar, für alle und kostenlos. Aber eben absolut nicht umsonst!